Das
Schloss aus Glas. Dort sehe ich es. Mein Schloss aus Glas. Über
den Wolken. Behutsam von ihnen getragen und umschlossen. So fliege
ich hin. Fliege – doch ich habe keine Flügel. Staune über all die
Schönheit des Himmels. Staune – doch ich habe keine Augen. Spüre
die weichen Decken des Horizonts. Spüre – doch ich habe keine
Hände.
Die
glatten und fein gearbeiteten Fassaden des gläsernen Königshauses
glänzen im untergehenden Licht der Sonne. So hoch oben. Geborgen und
vertraut und doch so fremd, da es immer wieder anders erscheint.
Endlose Säle und riesige Leuchter mit abertausenden von kleinen
Glaskristallen.
Inmitten
vollendeter Schönheit stehst du. Der wertvollste Schatz des ganzen
Schlosses. Einzigartig und aus Glas. Sorgsam lege ich meine Hand auf
deine kühlen, harten Finger. Betrachte dein Gesicht. Makellos
gemeißelt und doch ohne Form. Deine schier unerreichbare Eleganz von
Figur und doch leblos.
Ich
sehe deine Lippen. Voll und zum Kuss geformt. Wie schön. Eine Welle
der Zuneigung überschwemmt meine Gedanken. Stumm. Die Zeit bleibt
stehen und ich führe meinen Mund zu deinem. Meinen Mund, der
eigentlich fernab von jenem Schloss verweilt und keine irdische
Existenz verspürt. Jener Mund küsst. Vorsichtig und ganz sanft,
damit deine zarten Lippen nicht verletzt werden. Damit das Glas nicht
zerbirst.
Er
verschmilzt mit deinem. Wie Eis, erhitzt vom goldenen Feuerball werden
deine Lippen warm. Dein ganzes Gesicht scheint zu tauen. Scheint
Fleisch zu werden. Und eben jener Mund küsst mich zurück. Ich
weiche und flüchte aus der plötzlich so eng gewordenen Umarmung.
Überrascht und überwältigt. Ich blicke dich an. Blicke in die Tore
deiner Seele. So unschuldig und rein. Nichts könnte mich hindern von
ihnen abzulassen.
Nehme
deine Hand, fühle deine Finger und lasse mich hingeben deiner Nähe.
Unbemerkt und lautlos drehen wir uns. Arm in Arm, wie zwei Tänzer
auf dem Parkett. Wie die Ballerina in der Schmuckschatulle. Von
selbst bewegen sich unsere Füße, werden immer schneller und heben
ab. Spüren nicht, wie der Boden unsere Absätze verabschiedet.
Schweben. Wir schweben drehend Richtung Himmel. Leicht und
schwerelos. Wie
der Kuss von eben. Wie der Ton einer Flöte, der sacht in den
Sternenhimmel gespielt wird. Der Violinen, Trompeten und Horne inspiriert uns zu
begleiten. Ein Orchester. Eine Harmonie. Wir fliegen. Getragen von
der Melodie. Und du und ich, wir sind längst nicht mehr körperlos.
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