Eine Frau kam zu mir. Ich saß in einem
Liegestuhl zwischen Radfahr- und Gehwegstreifen. Mit Kopfhörern im
Ohr. Da kam sie. Schlank, groß, feminin gekleidet, vielleicht Mitte
30.
»Hallo!«,
sagte sie. »Mir gefällt dein
Nagellack. So einen sieht man selten.«
Ich
pulte meine Kopfhörer aus den Ohren, damit ich sie besser verstehen
konnte.
»Darf
ich deine Füße fotografieren?«, fragte sie. Überrumpelt bejahte
ich. Vielleicht war sie ja Künstlerin und modelliert Füße nach.
Was weiß ich?
Immer
wieder lächelte ich. Freundlich. Man sollte mir ja nicht anmerken,
dass ich diese Frau höchst sonderbar fand.
Sie
sagte, ich hätte schöne Zähne und ob sie echt wären. Sie fragte
weiter. Fragte ob ich rauche, ob ich Geschwister hätte und wie ich
heiße.
»Wie
heißt du?« Mein Vorname war meine Antwort.
»Hast
du keinen zweiten Namen?« Ich stutzte. Mein Nachname ging sie doch
wohl nichts an. Sie lächelte und schaute mich fragend an. Ich nannte
ihn ihr, doch nicht ohne dabei ein mulmiges Gefühl zu haben.
»Nein,
deinen zweiten Namen. Hast du denn keinen?« Ich antwortete ihr, dass
ich zwar einen zweiten Taufnamen habe, der aber nicht mehr in meinem
Pass stünde. Mein zweiter Name sei der meiner Patin, aber nicht
wirklich relevant, sagte ich.
»Du
hast wirklich weibliche Namen.«, sprach sie und ich lächelte
höflich und nickte.
Sie
fragte auch, was ich einmal studieren wollte.
»Das
weiß ich noch nicht.«, sagte ich und sie fand das ziemlich
unglaubwürdig.
Sie
fragte und ich fragte mich, auf was das hinauslaufen sollte.
Da
nahm ich mich zusammen und fragte. Fragte, warum sie denn so
interessiert an meinem Leben wäre.
Sie
lächelte und erzählte.
Sie
erzählte, dass Menschen mit Behinderung noch immer Ausgestoßene in
der österreichischen Gesellschaft wären und nicht akzeptiert werden
würden. Sie erzählte, dass eines von 4000 Kindern
zweigeschlechtlich auf die Welt kommen würde. Sie wäre das eine.
Nicht
Mann, nicht Frau. Nicht männlich oder weiblich.
Vor
zwei Jahren sei sie nun zur Frau geworden, wo sie doch als Junge
erzogen worden sei.
Vor
zwei Jahren habe sie sich umbenannt und ihr psychisches Geschlecht
mit dem Äußeren in Einklang gebracht. Sie erzählte von ihrem
Körper.
Alina
Lara Anna. Drei Namen, durch und durch weiblich. Keine Martina, die
an Martin erinnert hätte. Oder eine Christina, die Christian zu sehr
ähnelte.
Sie
hat wenig sozialen Kontakt und sucht ihn so. Sie brauche ihn, denn
viele Menschen gäben sich nicht mit ihr ab.
Sie
bedankte sich und fuhr mit ihrem Fahrrad davon.
Alina
Lara Anna. Ausgestoßene, Behinderte und trotzdem ein Mensch.
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